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U2: 13.11.2018, Mercedes-Benz-Arena, Berlin – Tschüss U2-Familie!

Die eXPERIENCE + iNNOCENCE Tour ist Geschichte! Somit ist auch dies hier ein letzter persönlicher Blick zurück. Eine U2-Ära, die 2014 ihren Anfang nahm, ist an ihrem Ende angekommen. Wie es mit der Band weitergehen wird, steht irgendwo in den Sternen geschrieben. Der letzte Teil dieser Reise nahm am 02. Mai in Tulsa in den USA an Fahrt auf, stockte zwischendrin ziemlich und musste beim Europastart während des zweiten Konzerts in Berlin gar abgebrochen werden. Die Umstände und die Geschichte sind uns allen ja bestens vertraut. Dies führte jedenfalls dazu, dass Berlin nicht nur den Tourauftakt für Europa stellte, sondern an diesem 13. November die komplette Tour beendete. Ein Kreis sollte sich hier schließen. Das 33. Konzert des Europa-Legs war ein mehr als würdiger Abschluss! An dieser Stelle eine kurze Zwischenfrage: wer hätte während des US-Legs auf die Setlist des letzten Konzerts gewettet? Eben! Damit hätte man sehr viel Geld verdienen können.

Für meine Frau und mich sah es kurzfristig allerdings so aus, als müsste Berlin abgeblasen werden. Die Nacht vorher entschied aber, dass alles gut wird und die Bakterien sich verabschiedet hatten. Vielleicht gibt es ja doch einen lieben Gott? Oder Karma sorgt dann dafür, dass wir U2-Fans alle an ihrem richtigen Platz sind! Wir machen uns also ein letztes Mal vom Kölner-Flughafen auf die U2-Reise. Wie vermutlich bei sehr vielen anderen Fans, die aus allen Teilen der Welt unterwegs nach Berlin sind, ist bei uns eine Mischung aus Vorfreude und Wehmut vorhanden.

Der Himmel über Berlin scheint auch traurig zu sein und hat seine Schleusen geöffnet. Das macht den vielen U2-Fans, die nach Berlin gereist sind, aber nichts aus. Schon am Flughafen treffen wir die erste U2-Freundin, am Bahnhof Zoo einen weiteren langjährigen Weggefährten und je näher man der Arena kommt, umso größer wird das Klassenabschlusstreffen. Und genau aus diesem Grund ist das heute nämlich eine „very, very special show“! Schon auf dem Vorplatz ist diese ganz besondere Stimmung spürbar. Weniger Eventpublikum, mehr Hardcorefans - es knistert!

Was so mittel gut funktioniert, ist anscheinend der Einlass für die Roll Caller. Wir stehen noch mit einigen anderen Fans quatschend auf dem Vorplatz zusammen und finden uns wie aus dem Nichts in einer Schlange wieder. „Was habt ihr für eine Nummer?“ werden wir gefragt. „Ähm. Keine.“ „Dann könnt ihr hier aber nicht stehen.“ „Doch, können wir, siehste ja. Ihr habt euch ja alle um uns herum drapiert.“ Wir suchen uns trotzdem mal einen Eingang, wo man auch ohne Nummer reinkommt. Ich muss sowieso noch meinen Sitzplatz gegen Innenraum tauschen.

Keine Ahnung, ob das bei dem ganzen Roll Call-Gedöns an der Tagesordnung ist, aber hier und heute gibt es wohl drei Schlangen – immer schön in 100er Größen. Die Jungs von der Security haben das aber anscheinend alles eher so halb im Griff. Es öffnet sich jedenfalls eine Tür und alles rennt durcheinander. Leute ohne Nummer, Leute mit hoher Nummer, Leute mit niedriger Nummer und bevor wir uns versehen, sind wir mittendrin statt nur dabei. Also geordnet ist das nicht. Wir wollten doch eigentlich nur irgendwo rein. Nun gut, dann schwappen wir eben hier mit rein. Und bevor jetzt ein RC-Leser Schnappatmung bekommt: wir haben keinem den Platz weggenommen und die erste Reihe freigelassen. Egal wie man zu dem Roll Call-Verfahren auch stehen mag, ich finde, dass sich zumindest die mir bekannten deutschen Fans in Berlin vorbildlich verhalten haben und das was oben in der Überschrift steht, nämlich U2-Familie, eindrucksvoll vertreten haben.

Das Publikum um uns herum im Innenraum ist bunt gemischt. Vor uns stehen Franzosen, hinter uns eine Abordnung aus Israel, direkt daneben eine Fraktion aus Polen, die wiederum von Schotten und Engländern flankiert wird. Einer der Franzosen bemerkt ziemlich treffend, dass wir alle eine große Familie sind. Genau diese Tatsache trägt dazu bei, dass dieser Abend „very, very special“ ist. Alte Freundschaften werden vertieft, neue geschlossen. Im vorderen Teil treffe ich auf einen Kanadier, mit dem sich gleich ein wunderbarer Trade eintüten lässt.

Die Preshow-Musik sorgt bei dem ein oder anderen Fan für kurzzeitiges Herzrasen. „It ain't over till it's over“, „Leaving on a jetplane“, „The final countdown“, „This may be the last time“...Die Zeichen stehen auf Abschied. Man muss aber ja nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen, einstweilen muss man die Preshow-Musik als nettes Gimmick für den Tourabschluss sehen. Um 20.30Uhr ist es endlich soweit und das bekannte Intro von Noel Gallagher läutet das große Finale ein. Die Stelle des Innenraums an dem wir stehen, scheint förmlich zu explodieren. Ob dies für die gesamte Halle Gültigkeit hat, vermag ich nicht zu beurteilen, aber hier wird noch mal alles gegeben. Dies gilt aber auch für die Akteure auf der Bühne. Es möge doch bitte keiner mehr erzählen, die vier Herren wären lustlos. Sind sie ganz sicher nicht! Die haben Bock. Immer noch. Und zwar so richtig!

Das Opening ist einfach schlichtweg brillant. „Lights Of Home“ lässt einem noch mal ganz kurz Zeit um ein bisschen zu verschnaufen, aber danach gibt es ja kein Halten mehr. Die Show ist ab da schon ein ziemliches Brett. „I Will Follow“ kommt ziemlich knackig rüber. Ich für meinen Teil freue mich sehr über „Gloria“. Somit ist das feine Teil auch auf dem Konzertfilm, der hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft veröffentlicht wird, enthalten. Die Band wirkt in diesem ersten Teil wie aufgezogen und so kommt „Beautiful Day“ so energisch wie selten daher. Ich mag „Dirty Day“ in dieser dargebotenen Form wirklich sehr gerne. Da scheiden sich ja die Geister dran. Sollte man einfach nicht mit der 93er Version vergleichen. Ich finde den Song heute jedenfalls sehr stimmig. „Zoo Station“ ist sehr nahe an der Variante aus den 90ern und somit ja sowieso schon brillant. Der beste Song des Abends ist in meinen Augen und Ohren heute „The Fly“. Das Ding hat eine Power, unglaublich. The Edge ist da aber so richtig on fire – saugeil. Fun Fact am Rande: Bono geht mit seinem Gitarristen im Screen derart ab, dass ein Helferlein von unten ihm immer wieder anzeigt, dass seine Frisur etwas in Aufruhr geraten ist. Heute wird ja gefilmt und da soll ja alles sitzen. Es dauert zwar etwas, bis Herr Hewson die Gesten bemerkt, aber ein paar gekonnte Handgriffe und alles sitzt wieder. Schön, dass die Herren noch so einen Spaß haben. Die Wechselwirkung zwischen Publikum und Band ist auch unglaublich und die Stimmung kocht an der ein oder anderen Stelle glatt über. Es ist so viel Leidenschaft auf beiden Seiten vorhanden. Und Liebe. „Stay“ wurde noch nie so gut wie auf dieser Tour präsentiert. Keine angezogene Handbremse, keine Lagerfeuerromantik. Warum „Wild Horses“ erst wieder ab dem zweiten Kopenhagen-Konzert in die Setlist aufgenommen wurde, ist auch eines dieser ungeklärten Bandrätsel. Das Ding ist einfach stimmig und in der Umsetzung und der Darbietung im Screen ganz groß. Bei dem ein oder anderen Fan kullern die ersten Tränchen!

Die „Intermission“ lässt uns Fans mal kurz verschnaufen, bevor „Elevation“ und „Vertigo“ wieder knallen. Ja, auf dem Papier braucht die vermutlich keiner mehr. Ich finde „Vertigo“ auf dieser Tour noch mal ein Stückchen aggressiver und roher – es rockt einfach saugut. Wenn der heutige Abend einen klitzekleinen Schwachpunkt hat, dann ist es der MacPhisto-Part. Bono agiert da mit angezogener Handbremse und der Einstieg in „Acrobat“ ist mit den üblich einleitenden und geschrienen Worten nicht vorhanden und demnach auch nicht so stark. Dies ist sicherlich der Filmaufnahme geschuldet. Genug Material um das auszubessern dürfte ja vorhanden sein. „Pride“ hat aufgrund der Umsetzung auf dieser Tour einen Punktsieg eingefahren und auch die Neujustierung von „New Year´s Day“ tut den Konzerten gut. Hat den Konzerten gut getan! So langsam geht es jetzt auch auf in die Zielgerade. Der Kloß bei dem ein oder anderen wird auch so langsam dicker im Hals. „Love Is Bigger Than Anything In Its Way“ lässt Bono endlich mal laufen und die Oh-Oh Gesänge hallen noch lange durch die Arena, bevor „13“ der einzig richtige Abschluss dieser Tour wird. Kein Ende mit Knalleffekt, sondern intensiv, zurückgenommen und nachdenklich. Der Kreis schließt sich abermals. „We’ve been on the road for quite some time, just going on 40 years, and this last four years have been really something very special for us. We’re going away now…" - das waren die Worte von Bono. Warten wir mal ab, wie und wann es weitergeht. Vielleicht geht es auch nicht weiter, denn Larry haut an diesem Abend ja jede Menge Kram raus und verschenkt selbigen. Der braucht für eine Karrierefortsetzung jedenfalls neues Equipment. Hier und Jetzt öffnen sich die Schleusen und viele Menschen sieht man weinen. Das ist natürlich dem letzten Konzert geschuldet, aber mal ganz ehrlich, diese Tränen würde es nicht geben, wenn man eher froh wäre, dass die Tour nun endlich vorbei ist. Schön, dass U2 mit ihrer Musik so viele Menschen immer noch berühren. Ich für meinen Teil bin mittlerweile fest davon überzeugt, dass alles was wir seit 2015 mit U2 erlebt haben, irgendwann ganz anders eingeordnet werden muss. Das war eine ganz besondere und großartige Phase dieser wunderbaren Band. Das wäre irgendwann sicher einen eigenen Blog-Eintrag wert – hier sprengt das den eh schon gesprengten Rahmen!

Nach dem Konzert finden wir uns in großer Anzahl in der Hotel Lobby unweit der Arena ein. Es wird viel gelacht, viel gegessen, noch mehr getrunken und jede Menge Fotos gemacht. Abschiedsfotos. Es weiß ja keiner, wann man sich wiedersieht. Ob man den einen oder anderen überhaupt wiedersehen wird. Es schwingt überall sehr viel Wehmut mit. Trotzdem ist man auch um die Erkenntnis reicher, dass die Tour einige Freundschaften hervorgebracht hat. Andere habe ich schmerzlich an meiner Seite vermisst, da dort das U2-Feuer fast erloschen ist. Ein paar weitere Erkenntnisse: in Berlin waren wir wieder erfolglos bei der Jagd nach dem Phantom und Pfefferminztee kann tatsächlich das letzte Getränk der eXPERIENCE + iNNOCENCE Tour sein. Ich bedanke mich für das Lesen und bei allen, die vor, während und nach den Konzerten zu dem unglaublichen Ritt beigetragen haben! Ihr rockt und seid der Wahnsinn! Tschüss U2-Familie! Tschüss eXPERIENCE + iNNOCENCE Tour! Tschüss kleine Achtung Baby Tour! Zum letzten Mal: Herzchen + Bärchen!

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