Heute vor einer Woche feierte der neue U2 Song "Get Out Of Your Own Way" seine Radiopremiere. In unserer Redaktion wurde, wie bei Euch sicher auch, lebhaft darüber diskutiert. Lest nachfolgend die Einschätzung der U2tour.de Mitarbeiter zur neuen Single.
Als die ersten Schnipsel des Videodrehs aufkamen, las man nur noch von Coldplay. Vergleiche mit Coldplay sind abseits der "Farbenspiele" rund um den Dreh in Mexiko jedoch völlig deplatziert. Der Song klingt nach U2 wie kaum ein anderer es könnte. Und das ist nicht negativ. Denn in zweierlei Hinsicht schaffen U2 etwas, wozu sie in der jüngeren Vergangenheit nicht in der Lage gewesen zu sein schienen:
Zum einen schafft es die Band, einen U2-typischen, eingängigen Popsong zu schreiben, ohne dabei in den tiefen Abgründen der austauschbaren, belanglosen und erzwungenen Crazy-Tonights zu fischen. Den neuen Song prägt eine neue Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die ich mir von U2 schon seit langem wünsche. Aus anderer Perspektive betrachtet ist es gelungen, einen modern produzierten, frisch klingenden Song zu schaffen ohne dabei die musikalische Seele zu verkaufen - ein Szenario, wollten wir mit Bösen Zungen sprechen, zu dessen Zeugen wir jüngst etwa mit dem gemeinsamen Auftritt mit Kygo wurden. "Get Out Of Your Own Way" hingegen bleibt authentisch. Und bringt viele Voraussetzungen mit, um im 21. Jahrhundert auch Hörer außerhalb des U2 Universums zu erreichen.
Fazit: Eine unverkrampfte, positive Stimmung verbreitende, eingängige Popnummer, die U2 so seit Jahren nicht mehr hinbekommen haben.
U2, wohin geht die Reise? Aktuell scheint es so zu sein, dass man noch Mal den Angriff auf Radio-Charts machen will. Die Frage ist, was will sich U2 damit beweisen? Die breite Masse und „junges, frisches“ Publikum ansprechen? Es scheint so – gelingt aber mit den letzten beiden Singles nicht wirklich, es liegen einfach Welten zwischen der aktuellen Musik und U2.
Zugegeben, ich würde U2 eher in der rockigen Richtung sehen, liegt womöglich auch an meinem sich verändernden Musikgeschmack. Oder an der Sehnsucht nach rauen, ehrlichen und nicht überproduzierten Nummern , wie man sie aus den ersten Alben und einzelnen Songs aus den späteren kennt. Aber das werden wir von U2 wohl nicht mehr bekommen, so muss man sich mit Orgelintros, und viel Us und As abkämpfen. Und U2 darf sich am Ende mit der Tatsache abfinden, dass man im Radio eh nicht mehr gespielt wird – was die Chartverläufe auch zeigen. Das ändert auch die Tatsache nicht, dass man sich einen hippen Rapper mit an Bord holt und das Lied am Ende mit ein paar unpassenden Raps beendet.
Ich befürchte wenig Gutes für den Rest des Albums.
Eins vorweg: Ich bin weder ein Fan von "Invisible", noch würde ich "Beautiful Day" auf meine persönliche Best Of von U2 packen. "Get Out Of Your Own Way" verschmilzt Elemente von beiden Songs. Der Drumbeat erinnert sehr an beide Songs. Dort wo Larry dann richtig einsetzt, klingt es fast wie im Refrain von Beautiful Day. Also eigentlich keine gute Voraussetzung, dass der Song bei mir nun zündet. Trotzdem hat der Song seine Lichtblicke. Die poppigen Strophen werden schön von Adam getrieben, Edge hält sich eher im Hintergrund. In der zweiten Hälfte ändert sich das und Edge gewinnt mehr und mehr an Präsenz. Aus "Invisible Day" wird ein fast schon typischer U2-Song inkl. etwas zu kurz geratenem Gitarrensolo. Kein weltbewegender Sound, den Edge liefert, aber es passt so ganz gut.
Das Outro am Ende mit dem Einsatz von Kendrick Lamar muss man gesondert bewerten. Das "Prayer" des Rappers ist eigentlich schon der Übergang zum auf dem Album folgenden American Soul. Ein Single-Edit mit passend geschliffenem Ende wäre zumindest für den Radioeinsatz wünschenswert.
Bonos Gesang erinnert mich übrigens hier und da stylistisch sehr stark an irgendeinen Song von One Republic (Ist es Secrets?). Der Einfluß von Ryan Tedder scheint sich also auch hier bemerkbar zu machen, was den Song für mich allerdings nicht positiv beeinträchtigt.
Unterm Strich eine relativ seichte (ohne den Begriff negativ besetzen zu wollen) Nummer, der man anmerkt, dass sie gewollt auf Radio getrimmt ist. Im Gegensatz zu "You're The Best Thing About Me" klingt sie aber nicht erzwungen und verkrampft. Und der Song macht auch nicht den Eindruck, dass er aus mehreren Stücken zusammengeflickt wurde. Ein Meisterwerk ist es nicht, aber auch kein Song, bei dem man negativ verwundert die Augen verdreht. Man darf gespannt sein, wie flott man sich satt gehört hat und wie er live funktioniert. Aktuell würde ich ihn bei zwischen 6,5 und 7 von 10 Punkten sehen.
Wie die Vorredner schon treffend anmerkten; Coldplay-Vergleiche sind unangebracht. Weder musikalisch noch textlich.