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U2 News » Get Out Of Your Own Way - Lincolns Geist in weiter Ferne


In dieser Kategorie werden wir in unregelmäßigen Abständen einzelne U2 Songs betrachten und aus persönlicher Sicht - d.h. sehr subjektiv - besprechen. Heute, wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl in den USA, richtet sich unser Blick auf einen recht jungen Song. Unser Mitarbeiter Daniel über 'Get Out Of Your Own Way'

G E T  O U T  O F  Y O U R  O W N  W A Y



  • Album: Songs Of Experience, Track Nummer 4
  • Veröffentlichung: ab 01. November 2017 über Streaming-Dienste
  • Single: ja
  • Live-Performance: erstmals 11. November 2017 London Trafalgar Square
  • Besonderheiten: anlässlich der 60. Grammy Awards vor der Freiheitsstatue performed

And it all went south...

Als U2 Get Out Of Your Own Way 2017 veröffentlichten begann sich gerade erst abzuzeichnen, wie treffend diese Zeile die politische und gesellschaftliche Entwicklung in den Vereinigten Staaten umschreiben würde. Drei Jahre später tweetet Donald Trump ein von heroischer Musik untermaltes Video seiner Rückkehr ins Weiße Haus, dessen Pathos es problemlos mit jedem Roland Emmerich Blockbuster aufnehmen könnte. Wüsste ich es nicht besser, ich würde glauben, die Sequenzen entstammen einer Realsatire, die das Gebaren des amerikanischen Präsidenten karikiert. Leider ist alles echt... und der Song drei Jahre nach U2s jüngstem Studioalbum aktueller denn je. Nicht zuletzt deshalb habe ich ihn in den vergangenen Tagen für mich wiederentdeckt. 

Es handelt sich keineswegs um eine neue Liebe; schon damals gehörte die Nummer zu meinen Favoriten auf Songs Of Experience. Bereits nach den ersten Ausschnitten von den Videoaufnahmen in Mexico  City (bisher immer noch nicht veröffentlicht) hatte sich die Melodie bei mir festgesetzt. Ein Ohrwurm - mit wenigen Ausnahmen nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal neuer U2 Songs, sondern viel zu oft der zwanghafte Versuch, einen Charterfolg zu landen. Und wahrlich ist Get Out Of Your Own Way musikalisch ein Leichtgewicht, ein Pop-Song mit eingängigem Refrain zum Mitsingen. Die Lyrics hingegen haben es in sich - eine Handvoll grandioser Metaphern reichen aus um das vermeintliche Radio-Gedudel für mich zu einer Hymne des Unbegreiflichen zu machen, vielleicht gerade weil der Text so kongenial neben der eher schlichten Melodie steht.

Live durfte ich den Song erstmals im Dezember 2017 erleben - Get Out Of Your Own Way war einer von drei Songs, die Bono und The Edge anlässlich der U2 Experience in der Berliner U-Bahn Haltestelle Deutsche Oper spielten. Das klang nett, doch spätestens seit der Live Premiere am Trafalger Square  wusste ich um die treibende Kraft des Songs: Larry's Drums im Refrain. Die bereits beim ersten Hören gehegte Hoffnung, dass dieser Part richtig rocken könnte, bestätigte sich beim Anschauen der Videos aus London und ein Jahr später dann auch live vor Ort in Hamburg. Wie Larry hier mit voller Kraft auf sein Arbeitsgerät eindrischt verleiht dem Refrain eine gewaltige Energie. Fast wie ein Weckruf, "Bekommt endlich den A**** hoch und beendet den Spuk", bevor die zweite Strophe wieder vor sich hin plätschert, als stehe sie sinnbildlich dafür, dass das, was dort mit wenigen Zeilen auf den Punkt gebracht wird, inzwischen trauriger Alltag geworden ist. 

Das offizielle Video der israelischen Broken Fingaz Crew ist ein Meisterwerk. Der Clip, für welchen den Künstlern seitens U2 vollkommene kreative Freiheit zugesichert wurde, besticht nicht nur durch sein perfektes Handwerk, sondern ist durch seine bisweilen wenig subtilen Darstellungen herausfordernd brutal.

"Protesting, in the end, works. It gets things done, slowly and surely". Wahre Worte von Bono... und doch weckt der Get Out Of Your Own Way in mir nur bedingt Hoffnung, im Gegenteil, er triggert mitunter sogar meinen Pessimismus. Schließlich ist das Selbstverständnis der Trumpisten, dass sie selbst die Protestierenden darstellen. 
The slaves are looking for someone to lead them / The enemy got armies of assistance... Es ist eine gewaltige Armee die dort versammelt ist. Und ebenso wie sie Fakten ignoriert, wird auch U2s Weckruf nicht bei ihr verfangen.
Bleibt nur zu hoffen, dass die progressive Hälfte Amerikas sich nicht selbst im Weg steht. If I could, I'd make it alright. 

Get Out Of Your Own Way wird mich die kommenden Wochen bis zur Wahl begleiten - mit dem dringenden Wunsch, dass dem Song keine weitere Strophe hinzugefügt werden muss. Wohlwissend, dass das Land unabhängig vom Ausgang der Wahlen auf absehbare Zeit zutiefst gespalten und Lincolns Geist weit entfernt sein wird. 

Blessed are the liars
For the truth can be awkward…



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